Das deutsche Geldwäschegesetz gibt es vor: Bei Geschäftsbeziehung mit Unternehmen haben Verpflichtete den bzw. die sogenannten „Wirtschaftlich Berechtigten“ (englisch: UBOs – Ultimate Beneficial Owners) zu ermitteln.
In unserem Blogartikel KYC im Onboarding von Neukunden haben wir uns die Sorgfaltspflichten im Allgemeinen angeschaut – dort erfahrt ihr auch, was genau KYC bedeutet und warum dieser Prozess wichtig ist.
Heute gehen wir ins Detail und klären die Fragen, was ein UBO ist, wie dieser ermittelt wird und was gilt, wenn es rechnerisch keinen UBO gibt.
Wer ist wirtschaftlich Berechtigter eines Unternehmens?
Das Geldwäschegesetz definiert den Begriff wie folgt:
Als wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des GwG gelten natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung letztlich begründet wird, § 3 GwG.
Nach § 3 Absatz 2 GwG zählen natürliche Personen, die unmittelbar oder mittelbar
- mehr als 25 % der Kapitalanteile halten,
- mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder
- auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben
zu den wirtschaftlich Berechtigten eines Unternehmens.
Es gibt allerdings zwei Ausnahmen: Rechtsfähige Stiftungen und sonstige Gesellschaften, die nicht an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes notiert sind und keinen dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen.
Es geht um den wirtschaftlichen Vorteil
In einfachen Worten geht es bei der Ermittlung also darum herauszufinden, welche Person oder Personengruppe tatsächlich und effektiv von den wirtschaftlichen Vorteilen einer bestimmten Transaktion, eines Vermögenswerts oder eines Unternehmens profitiert. Also wer von den Gewinnen, Einnahmen oder Vermögenswerten profitiert.
Das ist laut GwG eine Person, die mehr als 25 % der Unternehmensanteile besitzt oder durch mehr als 25% der Stimmrechte, oder auf vergleichbare Weise, das Recht hat eine wesentliche Kontrolle über die Gesellschaft ausüben kann.
Und das ist nicht unbedingt der rechtliche Eigentümer. In vielen Fällen sind es andere Personen, die aus dem Unternehmen wirtschaftliche Vorteile ziehen.
Warum muss ein UBO ermittelt werden?
Wie in allen Teilen des KYC-Prozesses geht es auch bei der Ermittlung des UBOs um die Prävention, Offenlegung und Bekämpfung von Betrug. Der wirtschaftlich Berechtigte muss nach Ermittlung identifiziert werden. Dies ist eine Sorgfaltspflicht nach dem GwG.
Durch die Offenlegung des UBOs können Regierungen und Behörden besser nachverfolgen, wer an einer Transaktion beteiligt ist und wer die tatsächliche Kontrolle über Vermögenswerte oder Unternehmen hat.
Die wirtschaftlich Berechtigten werden im Transparenzregister eingetragen – dazu ist jedes deutsche Unternehmen nach Ermittlung eines neuen UBOs verpflichtet. Diese Eintragung muss von allen Verpflichteten nach dem GwG abgerufen und überprüft werden. Sollte eine Unstimmigkeit festgestellt werden, muss diese auch dem Transparenzregister gemeldet werden.
Was bedeutet Kontrolle ausüben?
Machen wir es noch etwas konkreter. Nach der Definition im GwG übt der wirtschaftliche Berechtigte wesentliche Kontrolle über das Unternehmen aus. Was genau heißt das?
Besitzt eine natürliche Person mehr als 25% der Anteile oder Stimmrechte an einem Unternehmen, so kann sie wichtige Entscheidungen treffen. Im Sinne des Unternehmens aber auch in ihrem eigenen Sinn. Das kann zum Beispiel
- das Recht sein, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, (§ 290 Absatz 2 Nr. 2 HGB),
- das Recht sein, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrages oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen (§ 290 Absatz 2 Nr. 3 HGB) oder
- die Tatsache sein, dass sie bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft), vgl. § 290 Absatz 2 Nr. 4 HGB.
Diese Person hat dann einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen.
Wie wird der wirtschaftlich Berechtigte ermittelt?
Nachdem wir nun in der Theorie wissen, was ein wirtschaftlich Berechtigter ist, geht es um die konkreten Schritte zur Ermittlung. Grundsätzlich gibt es hier zwei Berechnungsmethoden: Das Dominanzprinzip und das Akkumulationsprinzip.
In Deutschland ist das Dominanzprinzip als Methode durch das GwG vorgeschrieben. Dennoch ist es wichtig, auch das andere Prinzip zu kennen und zu verstehen, falls man einmal mit ausländischen Firmen Geschäfte macht.
Wir schauen uns beide Methoden anhand mehrerer Beispiele an.
Dominanzprinzip
Beim Dominanzprinzip spielt die 25%-Hürde eine entscheidende Rolle. Wichtig ist, dass in der 1. Beteiligungsebene am Kunden eine direkte Beteiligung von über 25% vorliegt. Ein einfaches Beispiel:
In diesem Fall sind Max und Rita die wirtschaftlich Berechtigten der Meier-GmbH, da sie jeweils über 25% der Anteile halten.
Komplexer wird es bei einer mehrstufigen Beteiligungsstruktur. Ab der zweiten Beteiligungsebene gilt nämlich nicht mehr der Schwellenwert von über 25%. Stattdessen wird geprüft, wer
- Mehr als 50% der Kapitalanteile hält oder
- Mehr als 50% der Stimmrechte kontrolliert oder
- Beherrschenden Einfluss ausüben kann (s. dazu § 290 Abs. 2 HGB)
Die Kapitalanteile sind für die Berechnung also mit den Stimmrechten gleichzusetzen. Und auch Beteiligungen über andere Beteiligungen müssen berücksichtigt werden. Ein Beispiel:
Schauen wir uns die Prozentsätze an so übersteigt Tina in der ersten Ebene die 25% und Karin in der zweiten Ebene die 50%-Schwelle. Doch auch, wenn Karin die Land-GmbH beherrscht, ist sie keine wirtschaftlich Berechtigte der Traum-GmbH, da die Land-GmbH nur 20% dieser hält. Somit ist Tina alleinige wirtschaftlich Berechtigte.
Anders sähe es aus, wären die Verhältnisse wie folgt aufgeteilt:
In diesem Fall sind sowohl Tina als auch Karin die wirtschaftlich Berechtigten. Tina, da sie unmittelbar über 25% liegt und Karin, da sie die Land-GmbH mit über 50% beherrscht – und diese ebenfalls über 25% an der Traum-GmbH hält.
Schauen wir uns zuletzt noch ein komplexes Beispiel mit unmittelbaren und mittelbaren wirtschaftlich Berechtigten an:
In diesem Beispiel ist Marc der wirtschaftlich Berechtigte. In der ersten Beteiligungsebene gibt es keine Person, die mehr als 25% der Anteile hat. Marc taucht aber in der zweiten Ebene erneut auf. Er hält also unmittelbar 20% aus Ebene 1 und mittelbar nochmals 20% aus Ebene 2. Damit ist der Schwellenwert von 25% überschritten.
Akkumulationsprinzip
Bei dieser Methode werden alle Beteiligungen eines Strangs multipliziert. Kapitalanteile und Stimmrechte sind auch hier gleichwertig. Wenn das Ergebnis der Rechnung über 25% liegt, ist die ermittelte Person am Ende des Beteiligungsstrangs ein wirtschaftlich Berechtigter.
Sowohl direkte als auch indirekte Beteiligungen werden berücksichtigt und die Anteile bzw. Stimmrechte addiert. Schauen wir uns hier mal ein Beispiel an, welches das Dominanzprinzip und das Akkumulationsprinzip miteinander vergleicht:
Nach der Akkumulationsmethode sind Karl und Jan die wirtschaftlich Berechtigten. Rechenweg:
Karl: 100% x 90% x 30% = 27%
Jan: 90% x 44% = 39,6%
Nach der Dominanzmethode sind Susi, Karl und Jan die wirtschaftlich Berechtigten. Erklärung:
Susi: Beherrscht die Flower GmbH (20%) und besitzt direkt 6% = 26%
Karl: Beherrscht die Water UG, welche die Plant UG beherrscht = 30%
Jan: Beherrscht die Green-GmbH = 40%
Der fiktive wirtschaftlich Berechtigte – Wenn sich niemand ermitteln lässt
Nun kann es Konstellationen geben, in denen sich trotz sorgfältiger Prüfung keine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigte rechnerisch ermitteln lässt. Zum Beispiel:
- Wenn die Anteile so gestreut sind, dass keine Person mehr als 25% besitzt und auch auf keine andere Weise maßgebliche Kontrolle ausüben kann.
- Wenn es sich um gemeinnützige, steuerbefreite juristische Personen handelt.
- Wenn man trotz intensiver Nachforschungen nicht an Informationen zu Beteiligungen gelangt.
Hier liegt also weder eine mittelbare noch eine unmittelbare Kontrolle einer natürlichen Person vor. In diesem Fall hat das GwG den sogenannten „fiktiven wirtschaftlich Berechtigten“ vorgesehen. Dies kann der gesetzliche Vertreter, der geschäftsführende Gesellschafter oder der Partner des Kunden sein.
Auch ein fiktiver wirtschaftlich Berechtigter muss mit den Informationen im Transparenzregister abgeglichen werden.
Wirtschaftlich Berechtigte auf Knopfdruck ermitteln – Mit KYCnow
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